Der Mann, der glücklich sein wollte by Gounelle Laurent

Der Mann, der glücklich sein wollte by Gounelle Laurent

Autor:Gounelle, Laurent
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-04-28T16:00:00+00:00


13

Schlagartig wurde mir bewusst, wie wenig Zeit bis zu meiner Abreise blieb, und so verspürte ich den Drang, auf der Stelle zur Tat zu schreiten. Während der letzten Sitzung hatte ich erkannt, dass die Aufgaben, die er mir jeweils bis zur nächsten Zusammenkunft stellte, keineswegs unbedeutend waren; deshalb legte ich nun großen Wert darauf, auch jene zu bewältigen, die er mir an diesem Tag mit auf den Weg gegeben hatte.

Gewiss war ich nicht begeistert davon, etwas zu tun, das mir völlig widerstrebte, nämlich mich an Leute zu wenden und sie um einen Gefallen zu bitten; aber ich war neugierig zu erfahren, was mir dies am Ende tatsächlich bringen würde – in der festen Überzeugung, dass alles, was der Heiler tat, einen tieferen Sinn hatte.

Also begab ich mich nach Ubud, denn ich brauchte einen Ort, wo sich Menschen aus dem Westen aufhielten. Auf Balinesen zuzugehen, wäre verlorene Mühe gewesen: Sie konnten einfach nicht Nein sagen.

Wie würde ich einen Anfang machen? Meine Bitten mussten so formuliert sein, dass man sie ablehnte. Kurzum, ich musste zusehen, gerade jenes Ergebnis zu erzielen, das ich gewöhnlich mit größter Sorgfalt vermied. Ich würde demnach fünf Mal ein unwiderrufliches Nein hören von Leuten, die mich zurückweisen. Genial.

An diesem Nachmittag war die Hauptstraße ziemlich belebt. Großartig: So konnte ich meine kleine Beschämung jeweils leichter verbergen.

»Taxi! Taxi!«

Ringsum riefen Balinesen die Touristen herbei. Einer von ihnen wandte sich an mich.

»Ich habe kein Geld bei mir. Können Sie mich kostenlos nach Kuta bringen?«, fragte ich lachend.

»Das macht fünfzigtausend Rupien und Sie zahlen nach der Rückfahrt«, erwiderte er mit einem breiten Lächeln.

»Nein, ich habe kein Geld. Können Sie mir die Fahrt schenken?«

»Gut, Sie sind sympathisch, für Sie macht’s dreißigtausend Rupien.«

»Nein. Kostenlos. Ein Geschenk.«

»Okay, zwanzigtausend Rupien.«

»Nein, ich kann nicht.«

»Gut, wir fahren nach Kuta, handeln den Preis aus und einigen uns. Los, steigen Sie ein!«

»Nein, nicht weiter schlimm, ich finde eine andere Möglichkeit, um dorthin zu gelangen, danke.«

Ich fühlte mich zunehmend unwohler.

»Doch, steigen Sie ein. Ich sage Ihnen, wir werden uns einigen!«

»Schon gut, danke, vielen Dank.«

»Los, kommen Sie!«

»Nein, danke, ich habe meine Meinung geändert, ich fahre nicht mehr nach Kuta. Auf Wiedersehen.«

Als ich mich entfernte, blickte er mir nach, amüsiert, als wollte er sagen: »Wirklich seltsam, diese Leute aus dem Westen.«

Gut, ein Schlag ins Wasser. Ich hatte sehr wohl fünf Neins gehört, aber nur solche, die mir über die Lippen gekommen waren! Warum hatte ich mich eigentlich an einen Balinesen gewandt, wo ich doch wusste, dass dies zwecklos war? Gewiss deshalb, weil es keinerlei Mühe bereitete: Die Balinesen waren ausgesprochen sanftmütig und freundlich und halfen mir viel eher über meine Befangenheit hinweg als Europäer. Es bestand kein Zweifel: Ich hatte so große Angst davor, abgewiesen zu werden, dass es mir lieber war, die Übung noch zu erschweren, als mich dieser Angst auszusetzen. Dennoch wollte ich all meinen Mut zusammennehmen, der Angst trotzen, rasch die fünf Neins sammeln und dann das Weite suchen, um mich auf meinem einsamen Strand in Sicherheit zu bringen.

Ich schaute mich um. Zahlreiche Passanten schlenderten in beiden Richtungen über die schmalen Bürgersteige der Hauptstraße.



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